Die Ergebnisse basieren auf einem von der IHK Würzburg-Schweinfurt ausgearbeiteten Umfragebogen bestehend aus 19 offenen Fragen sowie Fragen mit vorgegebenem Antwortformat zur gegenwärtigen und zukünftigen Energienutzung der Unternehmen in der Region mit dem Fokus auf die potentielle Nutzung von Wasserstoff. Um eine differenzierte Auswertung der Antworten vornehmen zu können, wurde der Bogen mit Fragen zur Unternehmensbranche und -größe ergänzt. Bedingt durch die Formulierung der Fragestellungen, ergab sich ein breiter Pool aus vielfältigen Antworten seitens der Unternehmen. Die Qualität der Antworten reichte dabei von präzisen und qualitativ wertvollen Rückmeldungen bis hin zu nicht verwertbaren Auskünften. Unterschiede hinsichtlich der Größenordnung sowie unzureichende Angaben bzgl. der Menge des benötigten Wasserstoffs und des Preises pro MWh/Wasserstoff verzerren die Auswertung zusätzlich, da eine angemessene Kategorisierung der Werte erschwert wurde. An der Umfrage beteiligte sich eine Grundgesamtheit von 75 Unternehmen – nach Abzug von Doppelt ausgefüllten Fragebögen und Unternehmen außerhalb des IHK-Bezirks. Die Tabellen 1 und 2 zeigen die räumliche Verteilung der teilnehmenden Unternehmen nach Unternehmensbranche und -größe.
Unter den aktuellen Umständen können sich 70 % der Unternehmen vorstellen, in Zukunft Ihre fossilen Energieträger durch grünen Wasserstoff zu ersetzen. Immerhin rund 22 % der Unternehmen ziehen diesen Schritt in Betracht, wenn fortgeschrittene Informationen zur Wasserstoffnutzung vorliegen und die Rahmenbedingungen einen solchen Umschwung erlauben. Erfreulich ist, dass lediglich 8% der Unternehmen überhaupt keine Möglichkeit einer Wasserstoffnutzung bei sich im Unternehmen sehen. Da ca. ein Viertel der befragten Unternehmen bereits in den kommenden zehn Jahren regelmäßig Wasserstoff für Ihre Prozesse benötigen werden, ist eine schnelle Transformation des bestehenden Gasnetzes verbunden mit dem Neubau von Pipelines notwendig. Weitere 58 % der Betriebe gaben an, Wasserstoff ab dem Zeitpunkt nutzen zu wollen, ab dem es technologisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Betriebe setzen erst dann auf Wasserstoff, wenn der Preis dem aktuellen Benzin- oder Gaspreis entspricht. Gegenwärtig werden für das Jahr 2030 Produktionskosten von 0,15 € pro KWh Wasserstoff aufgerufen (Elbe-Energie o.D.). Bei einem Heizwert von etwa 33,33 KWh/kg belaufen sich die Herstellungskosten für eine Megawattstunde Wasserstoff auf ca. 150 €. Somit sind die prognostizierten Kosten für eine MWh Wasserstoff bis zu dreimal höher als der durchschnittliche Industriepreis für Erdgas, welcher im Jahr 2022 bei 46,81 €/MWh lag (ebd.). Die Hälfte der teilnehmenden Betriebe koppelt eine Nutzung von Wasserstoff an diesen Preis, womit die aktuellen Preise für fossile Energieträger von großer Bedeutung für die Akzeptanz von Wasserstoff sind. Von den befragten Unternehmen gaben 24 Auskunft über ihre Preisobergrenzen. Abbildung 1 zeigt, dass in der Region nur jedes zehnte Unternehmen bereit ist, den für 2030 berechneten Wasserstoffpreis zu zahlen. Zudem lässt sich aus der Grafik die Wichtigkeit einer schnellen Kostensenkung für die Herstellung von Wasserstoff ableiten, die eine Anpassung der Preise für H2 and die der fossilen Energieträger ermöglicht. Denn auch der Großteil der Betriebe mit Angabe der Preisgrenze wünscht sich einen Preis, der nicht signifikant von den aktuellen Preisen für Erdgas abweicht.
Die potentielle Wasserstoffnutzung in der Region hat zur Folge, dass Mainfranken in Zukunft auf ein funktionierendes Wasserstoffnetz mit kontinuierlichen Wasserstofflieferungen angewiesen sein wird. Erste Wasserstoffeinspeisungen in die einzelnen Umstellzonen der Region soll es ab 2030 in den Landkreisen Rhön-Grabfeld, Main-Spessart, Kitzingen, Würzburg sowie im Netz der Stadt Würzburg geben (Dvgw 2023: 23). Bis 2035 soll der Landkreis Bad Kissingen an das Netz angeschlossen werden. Spätestens 2040 sollen auch die ersten Umstellzonen der verbliebenden Landkreise und die der Stadt Schweinfurt mit erstem Wasserstoff versorgt werden(ebd.). Eine vollständige Belieferung aller Umstellzonen innerhalb einer Verwaltungseinheit ist jedoch nicht innerhalb der nächsten zehn Jahre zu erwarten. Dies soll in den Landkreisen Rhön-Grabfeld, Schweinfurt, Bad-Kissingen und Haßberge 2040, in den anderen Landkreisen und der Stadt Würzburg frühestens 2045 der Fall sein (Dvgw 2023: 24). Wie groß der laut Umfrage angemeldete Bedarf an Wasserstoff in der Region sein wird, zeigt Abbildung 2.
Die Karte macht deutlich, dass der Wasserstoffbedarf in Mainfranken nicht räumlich begrenzt ist, sondern sich über alle Landkreise und kreisfreien Städte erstrecken wird. Den größten Bedarf an Wasserstoff werden mit über 15 Mio. m³ bzw. über 20 Mio. m³ Wasserstoff voraussichtlich die Landkreise Kitzingen, Rhön-Grabfeld sowie die Stadt Schweinfurt haben.
Rund die Hälfte der befragten Unternehmen hat darüber hinaus freie Flächen für die eigene Erzeugung von Wasserstoff zur Verfügung. Vor allem energieintensive Unternehmen, die unter dem Druck stehen zu defossilisieren, dürften von der Option der eigenen Elektrolyse gebrauch machen, sollte die Infrastruktur gerade im ländlichen Raum nicht schnell genug vorhanden sein. Vorausgesetzt natürlich ist auch hier eine Wirtschaftlichkeit.
Gegenwärtig kommen in den meisten Betrieben ausschließlich fossile Energieträger zum Einsatz. Lediglich zwei der 75 Unternehmen gaben an, bereits Wasserstoff für den täglichen Betrieb zu nutzen. Dagegen finden konventionelle Brennstoffe vielfältige Verwendung innerhalb der Unternehmen, unabhängig von Branche und Größe. In Abbildung 3 nach ihrer Verwendung aufgeschlüsselt, werden fossile Energien in 77% der Unternehmen als Kraftstoff herangezogen und in 71% der Betriebe zur Erzeugung von Raumwärme genutzt. Zur Bereitstellung von Prozesswärme werden Öl, Benzin und Co. in 25% aller Unternehmen verwendet.
Fossile Energieträger wird Wasserstoff hauptsächlich in der Bereitstellung von Kraftstoff und Prozesswärme ersetzen können. Eine Verwendung von Wasserstoff als Quelle für Raumwärme bietet sich auch aufgrund der im großen Umfang vorhandenen und oft kostengünstigeren Alternativen selten an. Zu nennen sind hier vor allem die erneuerbaren Energien rund um Wärmepumpen, Geothermie und Solarenergie. In welcher Verwendung Wasserstoff die fossilen Energieträger innerhalb der Betriebe ersetzen wird, hängt maßgeblich von der Unternehmensbranche ab.
Positiv hervorzuheben ist die sehr hohe Akzeptanz der Nutzung von Wasserstoff über die einzelnen Branchen hinweg. Die Industrie und das produzierende Gewerbe wie auch die Unternehmen in den nicht näher definierten Branchen weisen mit Hinblick auf die Anwendungsbereiche von Wasserstoff ein ausgeglichenes Nutzungsverhalten zwischen Brennstoff, Kraftstoff und Energiespeicher auf. So wird in beiden Bereichen Wasserstoff in einem Drittel der Unternehmen entweder als Brennstoff, Kraftstoff oder als Energiespeicher verwendet. Den größten Anteil an Wasserstoff wird es in der Industrie und dem produzierenden Gewerbe für die Bereitstellung von Brennstoff bedürfen, wo jedes zweite Unternehmen Brennstoff für seine Prozesse benötigt. Mit Blick auf die sonstigen Branchen erhält der Kraftstoff, welcher in 45 % der Unternehmen durch Wasserstoff ersetzt werden soll, die größte Bedeutung. Wenig überraschend ist dies bei den Verkehrs- und Logistikunternehmen nicht anders: 83 % der Unternehmen werden in Zukunft regelmäßig Wasserstoff für Ihre Geschäftstätigkeiten und den Kraftstoffbedarf verwenden.
Betrachtet man den Einsatz von Wasserstoff in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße, ergibt sich ein ausgeglichenes Bild, wie Abbildung 5 aufzeigt. So sticht mit der Nutzung für Wasserstoff als Brennstoffersatz innerhalb der Unternehmen mit 251 bis 500 Mitarbeitern nur ein dominierender Anwendungsbereich innerhalb einer Unternehmensgröße ins Auge. Zudem gibt knapp ein Fünftel der Unternehmen bis 50 Mitarbeiter an, auf die Nutzung von Wasserstoff verzichten zu wollen. Gemessen an dem Aufwand und der Kosten, die eine Umstellung auf Wasserstoff mit sich bringt, ist dies keine Überraschung.
Wasserstoff als Energieträger ist für die meisten Unternehmen Neuland. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich mit vier Prozent der antwortenden Unternehmen die wenigsten gut informiert fühlen. Vor allem der Austausch mit anderen Unternehmen (20 %) und Praxisbeispiele (41 %) für die Herstellung und Nutzung von Wasserstoff sind daher seitens der Unternehmen gefragt. Auch innerbetrieblich gibt es oft niemanden, der sich mit diesem Thema essentiell befassen könnte. Auf die Frage, ob es im Unternehmen bereits Personen gibt, die Kenntnisse im Bereich Wasserstoff besitzen, antworteten über 70 % mit „Nein“.
Die IHK Würzburg-Schweinfurt hat darauf mit dem AWC Wasserstoff reagiert, der in regelmäßigen Netzwerkveranstaltungen verschiedene Aspekte von Forschung über Herstellung und Anwendung von Wasserstoff beleuchtet (https://www.wuerzburg.ihk.de/energie-und-klima/wasserstoff/).
Auch die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt bietet mit dem Bachelorstudiengang "Wasserstofftechnik" sowie der kostenfreien Weiterbildung "Green Hydrogen Technologies" eine Möglichkeit, Fachkräfte auszubilden.
Neben der eigenen Informationslage im Unternehmen wurde auch nach externen Hemmnissen gefragt, die den Einsatz von Wasserstoff behindern. Interessant zu sehen – und im Widerspruch zu den eben vorgestellten Ergebnissen nach Personen mit Kenntnissen im Bereich Wasserstoff – ist, dass der Mangel an Fachkräften in der Wasserstofftechnik nicht als Hemmnis angesehen wird. Befragt man dagegen Fachleute aus entsprechenden Gremien (z.B. Netzbetreiber), spielt der Mangel an Fachfirmen und Fachkräften für den Umbau (z.B. der Infrastruktur) eine erhebliche Rolle.
Große Hemmnisse sind vor allem die Kosten und die Unkalkulierbarkeit dieser. Fehlende Prognosen zur Preisentwicklung von Wasserstoff, auch im Vergleich zu fossilen Energieträgern, lässt Unternehmen bei Investitionsentscheidungen zögern. Bei Fahrzeugen wird vor allem die (noch) fehlende Tankinfrastruktur als Hemmnis wahrgenommen.
Dabei gibt es zumindest bei den Preisprognosen sowie bei den systemischen Umbaukosten mittlerweile eine reiche Studienlandschaft. Diese zu überblicken ist allerdings gerade für nicht-Fachleute relativ schwierig. Umso wichtiger sind Netzwerke und Veranstaltungen, auch der IHKs, um relevante Informationen aufzubereiten und zu verteilen.
Die Energiewende ist im vollen Gange und hat längst auch Mainfranken erreicht. Die Unternehmen stehen der Nutzung von Wasserstoff offen gegenüber und senden so positiv optimistische Signale an die Politik. Es liegt nun an dieser, bestehende Hürden abzubauen und für optimale politische sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Wie sich der sektorale Wasserstoffverbrauch in der Region letztendlich entwickeln wird, lässt sich nur schwer abschätzen. Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen dennoch die in der „Wasserstoff-Roadmap für Bayern“ des Bayerischen Wirtschaftsministeriums aufgestellten Prognosen, welche den größten Bedarf an Wasserstoff in dem Industrie- und Verkehrssektor sehen, womit dem Wasserstoff als Brennstoff und Kraftstoff in Zukunft eine gewichtige Rolle zukommen wird. Insbesondere im logistischen Verkehrswesen braucht es aufgrund der fehlenden Alternativen zu Verbrennungsmotoren einen schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur. Gegenwärtig bestehen im Freistaat 19 Tankstellen mit Wasserstoff-Ladesäulen, weitere acht werden derzeit realisiert (BMWSTI 2022: 26). Bei einem Netz von 2548 km an Bundesautobahnen stehen in Bayern die Wasserstofftankstellen in einem theoretischen Abstand von 94 km (BMDV 2023). Klassifiziert man zudem die Bundesstraßen als Bundesfernstraße, so vergrößert sich der Abstand auf 318 km.
Zum Vergleich: Betrachtet man das Netz der 122 herkömmlichen Tankstellen inkl. der Autohöfe an den bayerischen Bundesautobahnen, dann liegen diese mit durchschnittlich 21 km Abstand in einem ca. fünfmal geringeren Distanz zueinander (Bayern-Info 2021). Entscheidend für die branchen- und größenübergreifende Nachfrage nach Wasserstoff wird in letzter Instanz der Preis sein. Hierbei sollte eine Angleichung des Wasserstoffpreises an die derzeitig vorherrschenden Preise für Erdgas und Co. als Ziel anvisiert werden.
Würzburg
Würzburg