vom 8. Dezember 1965 („Mitteilungsblatt“ 1965, S. 374), geändert am 16. September 1985 („Mainfränkische Wirtschaft“ 1985, Heft 10, S. 4)
§ 1 Zuständigkeit
Das Schiedsgericht der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt entscheidet unter Ausschluss des ordentlichen Rechtweges über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten jeder Art, sofern die Zuständigkeit dieses Schiedsgerichts zwischen den Parteien vereinbart worden ist. Wenigstens eine Partei muss ihren Sitz oder Wohnsitz im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt haben.
§ 2 Einleitung des Verfahrens
Der Antrag auf schiedsgerichtliche Entscheidung ist in vierfacher Ausführung an die Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt zu richten. Er hat den Klageantrag und eine Darstellung des Sachverhalts zu enthalten. Beizufügen ist eine von beiden Seiten unterzeichnete Urkunde, aus der sich ergibt, dass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Bereinigung des in Frage stehenden Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien unter Ausschluss des Rechtsweges vereinbart ist und dass sich die Parteien dieser Schiedsgerichtsordnung und dem Spruch des Schiedsgerichts unterwerfen.
§ 3 Zusammensetzung des Schiedsgerichts
(1) Das Schiedsgericht besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern.
(2) Der Vorsitzende ist berechtigt, ohne Hinzuziehung von Beisitzern zu entscheiden, wenn sich beide Parteien damit einverstanden erklären.
§ 4 Bestellung der Schiedsrichter
Der Vorsitzende des Schiedsgerichts wird von der Industrie- und Handelskammer bestimmt. Die Beisitzer können von den Parteien ernannt werden. Jede Partei kann aber auch die Industrie- und Handelskammer bitten, ihrerseits einen Schiedsrichter zu ernennen, soweit im Schiedsvertrag nichts anderes vereinbart ist. Wird hiervon Gebrauch gemacht, hat der Kläger den Beklagten schriftlich aufzufordern, innerhalb einer bestimmten Frist einen Schiedsrichter zu ernennen; die Frist muss, wenn der Beklagte im Bezirk der Industrie- und Handelskammer ansässig ist, mindestens acht Werktage, andernfalls mindestens 14 Werktage betragen. Die Fristsetzung muss die Mitteilung enthalten, dass der Kläger nach erfolglosem Ablauf der Frist die Ernennung eines Schiedsrichters durch die Industrie- und Handelskammer beantragen wird. Etwaige Formmängel werden, wenn der Beklagte seinen Schiedsrichter ernannt hat, hinfällig. Ernennt der Beklagte den Schiedsrichter nicht oder nicht fristgemäß, so bestimmt die Industrie- und Handelskammer auf Antrag des Klägers für den Beklagten einen Schiedsrichter.
§ 5 Ablehnung von Schiedsrichtern
Ein Schiedsrichter kann aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das zuständige ordentliche Gericht.
§ 6 Prüfung der Zuständigkeit
Vor Eintritt in die Verhandlung hat das Schiedsgericht seine Zuständigkeit zu prüfen. Die Einleitung des Verfahrens kann von dem Schiedsgericht ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden.
§ 7 Verfahren
(1) Aufgabe des Schiedsgerichts ist es, den Sach- und Streitstand festzustellen, die Streitigkeiten nach Möglichkeit durch Herbeiführung eines Vergleichs zu schlichten oder, sofern ein solcher nicht zustande kommt, eine Entscheidung im Wege eines Schiedsspruchs zu erlassen.
(2) Das Verfahren des Schiedsgerichts richtet sich nach den zwingenden Vorschriften der Zivilprozessordnung; im übrigen wird es vom Schiedsgericht nach eigenem Ermessen geregelt.
(3) Dem Schiedsgericht steht es frei, von den Parteien schriftliche Darlegungen und Erklärungen zu fordern, sie zu mündlicher Verhandlung vorzuladen, Zeugen und Sachverständige uneidlich zu vernehmen sowie alle zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
(4) Die Verhandlungen sind nicht öffentlich. An den Verhandlungen des Schiedsgerichts nimmt ein Angestellter der Industrie- und Handelskammer, der die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst besitzt, beratend teil.
(5) Erscheint in einem zur mündlichen Verhandlung bestimmten Termin trotz rechtzeitiger Ladung weder die Partei noch ein von ihr bestellter Vertreter, so darf das Schiedsgericht annehmen, dass die Partei weitere Erklärungen nicht abzugeben hat.
(6) Die Vertretung der Partei durch Bevollmächtigte ist zulässig.
(7) Das Schiedsgericht ist berechtigt, in jedem Stadium des Verfahrens die Fällung des Schiedsspruchs auch ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
(8) Für die nach der Zivilprozessordnung erforderlichen richterlichen Maßnahmen sind die ordentlichen Gerichte zuständig.
§ 8 Vorsitz
(1) Der Vorsitzende des Schiedsgerichts leitet die Verhandlungen und bestimmt die Sitzungstermine. Er führt den laufenden Schriftwechsel und macht den Schiedsrichtern und Parteien schriftlich über Ort, Tag und Stunde der Sitzung Mitteilung.
(2) Über das Ergebnis der Verhandlungen ist ein kurzes Protokoll zu führen, das von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen ist.
§ 9 Schiedsspruch
(1) Erachtet das Schiedsgericht den Sachverhalt für ausreichend geklärt, so hat es ohne Verzug den Schiedsspruch im Rahmen der gestellten Anträge zu erlassen, d. h. nach seiner gewissenhaften Überzeugung zu bestimmen, was unter den Parteien in bezug auf ihren Streit rechtens sein soll.
(2) Der Schiedsspruch ist unter Angabe des Tages der Abfassung von den Schiedsrichtern zu unterschreiben, den Parteien in einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung zuzustellen und unter Beifügung der Beurkundung der Zustellung auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts niederzulegen.
(3) Nach Fällung eines Schiedsspruchs und Niederlegung desselben, ebenso nach Abschluss eines Schiedsvergleichs unter Beachtung der §§ 1042, 1044 a ZPO sind die Parteien berechtigt, vor dem zuständigen ordentlichen Gericht Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu stellen.
§ 10 Kosten des Verfahrens
(1) Das Schiedsgericht bestimmt den Streitwert nach den Berechnungsgrundsätzen der Zivilprozessordnung und des Gerichtskostengesetzes. Die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens richten sich nach dem Wert des Streitgegenstandes. Sie bestehen in Gebühren und Auslagen.
(2) Als Gebühren werden erhoben
für die ersten 10.000 DM (= 5.112,92 Euro) 5 Prozent des Streitwertes
für die zweiten 10.000 DM (= 5.112,92 Euro) 4 Prozent des Streitwertes
für die nächsten 80.000 DM (= 40.903,36 Euro) 3 Prozent des Streitwertes
für den darüber hinaus gehenden Streitwert 1 Prozent des Streitwertes.
Die Mindestgebühr beträgt 500 DM (= 255,65 Euro).
(3) Erfordert die Erledigung der Streitsache einen über das durchschnittliche Maß hinausgehenden Zeit- und Arbeitsaufwand, insbesondere eine umfangreiche Beweisaufnahme, so kann das Schiedsgericht die Gebühren angemessen erhöhen.
(4) Neben den Schiedsgerichtsgebühren wird ein Auslagenpauschsatz für Schreibgebühren, Porto, Zustellungskosten und andere Aufwendungen erhoben, der sich im allgemeinen auf 10 Prozent der schiedsgerichtlichen Gebühren beläuft.
Die Mindestgebühr beträgt 100 DM (= 51,13 Euro).
(5) Wird die Klage zurückgezogen oder der Streit durch Vergleich erledigt oder das Verfahren nach § 7 Abs. 7 abgebrochen, so bleibt es dem Ermessen des Schiedsgerichts überlassen, die Gebühr zu ermäßigen.
(6) Über die Tragung der Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens durch die Parteien erkennt das Schiedsgericht zugleich mit der Hauptentscheidung. Der Industrie- und Handelskammer gegenüber haften stets beide Parteien gesamtschuldnerisch für die Kosten des Verfahrens, unbeschadet eines etwaigen Erstattungsanspruchs gegen die andere Partei. Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten ergeht nicht. Die Parteien können vereinbaren, dass die Kosten der Vertretung sich nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung regeln.
(7) Das Schiedsgericht kann die Eröffnung des Verfahrens oder seine Fortführung von der Zahlung eines an die Industrie- und Handelskammer zu entrichtenden angemessenen Kostenvorschusses abhängig machen.
(8) Von den Gebühren erhält der Vorsitzende 40 Prozent, die beiden Beisitzer je 30 Prozent. Das Schiedsgericht kann eine andere Verteilung vornehmen.
§ 11 Aufbewahrung des Schiedsspruchs und der Akten
Eine Abschrift des Schiedsspruchs und die Akten des Vorsitzenden des Schiedsgerichts verbleiben bei der Industrie- und Handelskammer.
§ 12 Inkrafttreten
Diese Schiedsgerichtsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im „Mitteilungsblatt“ der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt in Kraft.