IHK-Konjunkturanalyse: Regionale Wirtschaft kämpft gegen die Flaute

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sind sich sicher: Die deutsche Wirtschaft wird das Jahr 2024 mit einer roten statt einer schwarzen Null abschließen. Auch die mainfränkische Wirtschaft kann sich diesem Negativtrend nicht entziehen. Der IHK-Konjunkturklimaindex, das Stimmungsbarometer der mainfränkischen Wirtschaft, sinkt auf 97 Punkte (Frühjahr: 102 Punkte) und unterschreitet somit erneut die Wachstumsschwelle von 100 Punkten.

„Die aktuelle Schwäche der Wirtschaft hat nicht nur  konjunkturelle, sondern auch strukturelle Gründe. Vor allem die Industrie befindet sich in einem Spannungsfeld aus wenig wettbewerbsfähigen Energiepreisen, Anpassungsdruck im Zuge der Dekarbonisierung und zunehmender Konkurrenz, vor allem aus China“, erläutert IHK-Konjunkturreferentin Elena Fürst. Bislang fehle eine klare Strategie der Politik, den Standort Deutschland fit für die Zukunft zu machen. Darüber hinaus belasten geplante Stellenstreichungen, geopolitische Konflikte sowie die bevorstehende US-Wahl die Unternehmen zusätzlich. „Das spüren sowohl die privaten Haushalte, die ihr Einkommen eher sparen und es nicht für Konsumzwecke ausgeben, als auch die gesamte Wirtschaft“, so Fürst. Der Economic Policy Uncertainty Index zeige, dass die wirtschaftliche Verunsicherung in Deutschland seit 2021 – auch im internationalen Vergleich – besonders hoch sei.

Ein Blick ins Detail zeigt: Die aktuelle Geschäftslage wird deutlich schlechter bewertet als bei der Vorbefragung im Frühjahr; der Rückgang um zehn Punkte ist signifikant. Per Saldo liegt die Bewertung nur noch leicht im positiven Bereich. Abgesehen vom Frühjahr 2020, der ersten Befragung nach Ausbruch der Corona-Pandemie, haben die Unternehmen die Geschäftslage zuletzt im Jahr 2010 so schlecht bewertet. Der verhaltene Konsum sowie rückläufige Auftragszahlen aus dem In- und Ausland hinterlassen ihre Spuren. Dies schlägt sich deutlich in der Kapazitätsauslastung nieder, die per Saldo leicht in den negativen Bereich dreht und mit minus einem Punkt den niedrigsten Stand seit Herbst 2020 erreicht.

Wenig Hoffnung auf eine schnelle Kehrtwende

Der Ausblick auf die Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten macht wenig Hoffnung auf eine schnelle Kehrtwende. „Der Wirtschaft fehlen klare, zukunftsweisende und verlässliche Wachstumsimpulse“, so Fürst. Die Mehrheit der Unternehmen (56 Prozent) rechnet mit ähnlichen Geschäften wie zuletzt. Nur 18 Prozent der Befragten sind optimistisch, während 26 Prozent eher pessimistisch in die Zukunft blicken. „Gegenüber dem Frühjahr zeigt sich kaum Bewegung, hier lag der Saldo mit minus sieben Punkten auf ähnlichem Niveau wie heute“, erklärt die IHK-Referentin. Schlimmer noch: Die Firmen rechnen in den nächsten Monaten weder aus dem In- noch aus dem Ausland mit nennenswerten Impulsen. Darüber hinaus böten die derzeitigen Rahmenbedingungen keinen Nährboden für Investitionen, so Fürst. „Mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen – Digitalisierung, Dekarbonisierung, Klimaneutralität – wären gerade diese von enormer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Standorts.“

Während 40 Prozent der Betriebe ihre Investitionsausgaben stabil halten möchten, plant gut jeder Fünfte mit einer Steigerung, jeder Vierte jedoch mit einer Reduktion. Zudem möchten 19 Prozent der Befragten in den nächsten Monaten gar nicht investieren. Auch die Einstellungsbereitschaft fällt restriktiv aus, nur jeder Zehnte möchte künftig mehr Personal einstellen, 30 Prozent rechnen hingegen mit einer geringeren Belegschaftsgröße. Von ihnen planen zwei Drittel damit, Personal abzubauen, ein Drittel kann offene Stellen aufgrund des Arbeits- und Fachkräftemangels nicht besetzen. „Der Blick auf die einzelnen Branchen zeigt jedoch deutliche Unterschiede: „Insbesondere in der Industrie, aber auch im Handel sind Stellenstreichungen das Hauptmotiv für sinkende Beschäftigtenzahlen. Im Bau und im Dienstleistungsbereich hingegen überwiegt ganz klar die Arbeits- und Fachkräfteproblematik“, unterstreicht Fürst.

Risiken über Risiken

Die mainfränkische Wirtschaft sieht sich nach wie vor mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Die Risikobewertung bleibt hoch. Die Inlandsnachfrage ist mit 68 Prozent das größte Hemmnis für die regionale Wirtschaft. Damit erreicht sie einen neuen Höchststand. Auf dem zweiten Platz folgen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit 62 Prozent. Und auch die Arbeitskosten haben mit 56 Prozent ein neues Allzeithoch erreicht. Dr. Lukas Kagerbauer, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer, äußert sich besorgt über diese Entwicklung: „Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage sind ein weiterer Beweis dafür, dass die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen und des Standortes insgesamt massiv unter Druck steht.“

Auf Basis der Befragungsergebnisse rechnet Kagerbauer auch in den kommenden Monaten nicht damit, dass der mainfränkische Konjunkturmotor schnell wieder durchstarten wird. „Die Wirtschaft braucht dringend Planungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts muss wieder in den Fokus der politischen Arbeit rücken“, fordert der Volkswirt. Aufbruchstimmung statt Stillstand sei das Gebot der Stunde. „Es ist eher fünf nach als fünf vor zwölf – die Wirtschaft braucht dringend verbesserte Standortbedingungen, um wieder richtig durchstarten zu können: wettbewerbsfähige Energiepreise durch Begrenzung der Netzentgelte, niedrigere Steuern, schnellere Genehmigungen und ein konsequenter Abbau von Bürokratie.“

Die Befragung wurde im Zeitraum vom 17. bis 26. September 2024 durchgeführt. Von 789 befragten Unternehmen haben sich 245 beteiligt. Die vollständigen Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage mit ausführlicher Branchenauswertung finden Interessierte online unter: www.wuerzburg.ihk.de/konjunktur

Information:
Elena Fürst
Tel. 0931 4194-320
E-Mail. elena.fuerst@wuerzburg.ihk.de