Wie „Azubis Plus“ zum Gamechanger werden will

Eine außergewöhnliche Freundschaft, eine innovative Geschäftsidee und der Wunsch, etwas zu verändern – das ist die Geschichte hinter „Azubis Plus“. Mit seiner neuen Plattform will das Unternehmen die Vermittlung von ausländischen Auszubildenden nach Deutschland revolutionieren und kulturelle Brücken bauen.

Begonnen hat alles mit Van Bau Nguyen (24), der mit 16 Jahren den Plan zum Auswandern nach Deutschland geschmiedet hat. Seine späteren Kollegen Jürgen Dassing (58) und Lukas Kunzmann (28) lernte er im Rahmen eines Kurzfilm-Projekts kennen, für das er sich als Filmhelfer gemeldet hatte. Die beiden Geschäftspartner aus Mainfranken erfuhren, dass Nguyen in Deutschland eine Ausbildung zum Hotelfachmann begonnen hatte. Doch diese verlief nicht ganz nach Plan.

Dassing und Kunzmann deckten auf, dass Nguyen nicht ordnungsgemäß nach IHK-Rahmenplan ausgebildet wurde. Dazu zählte das ständige Übernehmen von Arbeitstätigkeiten, die nichts mit seiner eigentlichen Ausbildung zu tun hatten. Darüber hinaus berichtete Nguyen, wie teuer für ihn die Vermittlung nach Deutschland war. Dassing und Kunzmann wurde schnell klar: „Bei den Vermittlungsagenturen gibt es leider viele schwarze Schafe.“

Die beiden Freunde Dassing und Kunzmann haben ursprünglich einen anderen beruflichen Hintergrund. Dassing, der einst eine Ausbildung im Maschinenbau abgeschlossen hat und heute das „Tonstudio Würzburg“ leitet, wirkt seit Jahrzehnten bei Band- und Filmproduktionen mit. Lukas Kunzmann wiederum ist ein Filmemacher mit Schwerpunkt „Visual Effects“, der sogar für Produktionen in Hollywood tätig ist.

Die Gründer von Azubis Plus haben recherchiert, was sie tun könnten, um ihren vietnamesischen Freund aus seiner misslichen Lage zu befreien. So halfen sie zunächst Nguyen – sowie danach auch anderen ausländischen Azubis –, in bessere Ausbildungen zu kommen. Bei ihrer Arbeit verzichteten sie dabei von Anfang an auf Papierstapel und entwickelten stattdessen eine eigene, digitale Lösung. So entstand kurzerhand die Plattform „Azubis Plus“. Ausländische Auszubildende wüssten häufig nicht, was ihre Rechte sind und was eine reguläre Ausbildung umfasst. Hier will das Azubis-Plus-Team Abhilfe schaffen. Das Ziel ist es, den 

Vermittlungsprozess von ausländischen Azubis fair und nachhaltig zu gestalten. Ihre Bewerber kommen aus Ländern aller Kontinente – von Aserbaidschan über Marokko bis Vietnam – und sind in der Regel zwischen 18 und 30 Jahre alt.

Festes Rankingsystem

Dass deutsche Sprachkenntnisse der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration in Deutschland sind, da ist sich das Azubis-Plus-Team einig. Diese überprüft das Team stets individuell per Video-Call. Kooperierende Agenturen wiederum verifizieren Abschlüsse und Praktika der Bewerber vor Ort. Die „Azubis Plus“-App könne man sich wie ein „Tinder im Ausbildungsmarkt“ vorstellen, wo individuell geprüfte Bewerber und Firmen aufeinandertreffen. Dabei unterliegen beide Parteien einem Rankingsystem. Es sind 1 bis 5 Sterne zu vergeben. Erst ab 3 Sternen bekommt ein Bewerber Zugriff auf die Ausbildungsangebote.

Der Matching-Vorgang ist einfach: Zunächst sucht sich der Azubi eine Ausbildungsstätte aus. Im Anschluss kann der gewählte Betrieb sein „Like“ zum Bewerber abgeben. Ein Match wurde hergestellt und es kommt zum Vorstellungsgespräch. Gefällt der Bewerber einer Firma, gibt dieser seine finale Zusage. Erst dann werden Verträge unterschrieben, die selbstverständlich digital über die Plattform abgewickelt werden. Azubis Plus sei laut Dassing und Co ein „Win-win für alle“, da Azubis ohne horrende Vermittlungskosten nach Deutschland kommen und Betriebe neue, motivierte Mitarbeiter erhalten würden. Geld nimmt Azubis Plus nur von Betrieben bei einer erfolgreichen Vermittlung. Die Nutzung der App und das Hochladen von offenen Ausbildungsstellen ist für Unternehmen kostenlos.

Um den „Cultural Fit“ von Arbeitgeber und Bewerber zu erhöhen, werden regelmäßige „Checkins“ mit den Azubis in den Betrieben durchgeführt. Bei Bedarf bietet Azubis Plus auch Briefings an, um kulturelle Unterschiede zu überbrücken. Bei Problemen sei das Azubis-Plus-Team jederzeit erreichbar. Die drei Freunde räumen jedoch ein, dass sich die Suche nach neuen passenden Betrieben aktuell schwierig gestalte.

Ihre größte Herausforderung sei es daher, neue Ausbildungsplätze für die zahlreichen Bewerber zu finden und langfristige Partnerschaften mit Unternehmen aufzubauen. Azubis Plus, seit seiner Gründung im September 2023 eine GbR, soll bald umfirmiert werden, verraten die drei Geschäftsführer. Am ehesten haben sie aktuell eine Unternehmergesellschaft (UG) im Sinn. Ideen, wie sich Azubis Plus weiterentwickeln soll, gibt es viele. So sollen in Zukunft E-Learnings für alles, was das Leben in Deutschland betrifft, auf der Plattform eingeführt werden. Außerdem planen sie, in den nächsten Jahren auch Fachkräfte zu vermitteln.

Van Bau Nguyen hat 2023 seine Ausbildung als bester Azubi Unterfrankens abgeschlossen. Zusammen mit Lukas Kunzmann und Jürgen Dassing trägt er heute dazu bei, ausländischen Bewerbern einen besseren Start in Deutschland zu ermöglichen. Dabei ist die größte Stärke der drei Geschäftspartner ihre Vielseitigkeit. Azubis Plus hat somit gute Chancen, zum Gamechanger im Ausbildungsmarkt zu werden.

Text: Steffen Eric Kramer

Bild: Azubis Plus 

Das Unternehmen
Dassing, Kunzmann & Nguyen – Azubis Plus International Recruiting & Consulting GbR
Veitshöchheimer Straße 7B
97080 Würzburg

Die Personen
Jürgen Dassing, Lukas Kunzmann und Van Bau Nguyen

Die Idee
Den Vermittlungsprozess von ausländischen Azubis fairer und nachhaltiger gestalten

Größte Herausforderung
Neue Ausbildungsplätze finden und Unternehmen langfristig für sich gewinnen

Pläne
E-Learnings anbieten, Fachkräfte vermitteln, Umfirmierung zur UG

Den WiM-Artikel finden Sie hier.