Die Unternehmensnachfolge gehört zu den wichtigsten Herausforderungen des Mittelstandes. Die Alterung der Gesellschaft im Zuge der demografischen Entwicklung führt dazu, dass immer mehr Betriebsinhaber vor der Frage des Generationenwechsels stehen, zeitgleich spielt das Thema Selbstständigkeit bei vielen Menschen heutzutage eine geringere Rolle. Die Kluft zwischen Übergabewilligen und potenziellen Übernehmern hat sich in den letzten Jahren vergrößert.
Die IHK hat zum Jahreswechsel 2019/2020 insgesamt 2.000 Unternehmen aus Mainfranken zu diesem Thema befragt1. Die Ergebnisse der Auswertung fließen in die hiesige Publikation „Nachfolgereport Mainfranken 2020“ ein2.
Etwas mehr als die Hälfte der Befragten hat sich noch nicht mit dem Generationenwechsel im Unternehmen beschäftigt, ein Drittel tut dies seit mehr als zwei Jahren.
Mit Blick auf die Altersstruktur der Befragten (33,5 Prozent im Alter zwischen 60-65 Jahre, 38,4 Prozent älter als 65 Jahre) spricht dies dafür, dass auch im Alter 65+ noch unternehmerisches Engagement eine wichtige Rolle in der mainfränkischen Wirtschaft spielt.
Erfreulicher Weise planen 54,4 Prozent der Unternehmen in der Region, den Staffelstab an die nächste Generation weiterzugeben.
Jedoch ziehen zugleich 13,7 Prozent eine Betriebsaufgabe in Betracht.
Als Gründe für die geplante Betriebsaufgabe werden genannt: „Rentenalter bereits erreicht“ (41,4 Prozent), „Sonstiges“ (30,2 Prozent) sowie „Keinen Nachfolger gefunden“ (13,8 Prozent). Rund ein Drittel der Befragten (31,9 Prozent) haben sich in Sachen Übergabe oder Aufgabe des Unternehmens noch nicht entschieden.
Die Herausforderungen beim Generationenwechsel sind vielschichtig. Hauptproblem ist die Suche nach dem passenden Nachfolger. 46,6 Prozent derjenigen Unternehmer, die eine Unternehmensweiterführung planen, berichten davon, zum heutigen Zeitpunkt noch keinen Nachfolger gefunden zu haben. 53,4 Prozent hingegen vermelden eine erfolgreiche Akquise der nächsten Generation.
Ist der Nachfolger gefunden, kommt dieser zum Großteil aus der Familie (66,1 Prozent). Weitere „Quellen“ sind die eigene Mitarbeiterschaft (19,0 Prozent), gefolgt von Betriebsfremden (8,3 Prozent) oder anderen Unternehmen (6,6 Prozent).
Wesentliche Herausforderungen beim Generationenwechsel sind laut den Befragten „Steuerliche Aspekte“ (18,7 Prozent) sowie „Miet-, Pachthöhe, Verkaufspreis“ (14,7 Prozent).
Ebenso spielen „Personalprobleme“ oder „Familiäre Hintergründe“ (14,3 Prozent bzw. 12,5 Prozent) eine Rolle.
Vergleichsweise minder relevant sind die Themen „Testament bzw. Erbvertrag“ (7,7 Prozent) oder „Grundstück und Gebäude“ (8,4 Prozent).
Die wichtigste Grundlage zur Gewinnung von Nachfolgekandidaten ist die Nutzung zahlreicher Quellen, einen einzigen Königsweg gibt es nicht.
Die vorliegende Befragung zeigt diese Vielfalt, wenngleich „Gespräche im eigenen Betrieb“ (32,2 Prozent), „Gespräche mit dem Rechtsanwalt oder Steuerberater“ (27,9 Prozent) oder „Gespräche im Freundes-/Bekanntenkreis“ (25,1 Prozent) prioritär sind. Vergleichsweise selten genutzt werden die Expertisen der Kammern oder Fachmedien.
Befragt nach der erstmaligen Inanspruchnahme von Expertenmeinungen berichten 68,9 Prozent, sich mehr als zwei Jahre vor der geplanten Übergabe mit dem Thema befasst zu haben. Dies ist gut und richtig: je frühzeitiger man startet, desto höher die Wahrscheinlichkeit, den richtigen Nachfolger zu finden und je besser sind Optimierungspotenziale in Sachen Steuer, Finanzierung oder sonstiger Aspekte.
Zwei von zehn Betrieben haben ein bis zwei Jahre vor dem Übergabezeitpunkt begonnen, rund zehn Prozent weniger als ein Jahr vor der Staffelübergabe.
Ein Sonderthema ist die „ungeplante“ Betriebsnachfolge, unter anderem durch schwere Krankheit oder Tod. Die Befragung zeigt, dass 61,2 Prozent der Unternehmen keinen Notfallkoffer besitzen. 38,8 Prozent haben eine entsprechende Risikovorsorge implementiert, durchschnittlich seit gut fünfeinhalb Jahren. Bei 12,9 Prozent derjenigen Betriebe, die einen Notfallkoffer besitzen, wurde diese bereits aktualisiert, weitere 14,1 Prozent planen dies zu tun.
Fußnoten
1 Es wurden 2.000 Unternehmen angeschrieben, bei denen altersbedingt das Thema der Betriebsübergabe ein in Zukunft wichtiger Entscheidungsbaustein sein wird. Nebst postalischer Befragung wurde die Befragung per E-Mail und Homepage der IHK kommuniziert. 219 Befragungsteilnehmer sind zu verzeichnen. Die Zusammensetzung der an der Befragung teilnehmenden Unternehmen ist heterogen und spiegelt die Wirtschaftsstruktur in Sachen Branchen, Rechtsform und Mitarbeiteranzahl wider. Der gesamte Fragebogen steht hier zur Verfügung.
2 Ergänzend zur letzten Publikation „Nachfolgereport Mainfranken 2015“ ergibt sich ein Bild mit Blick auf die Entwicklung des Themas Unternehmensnachfolge in Mainfranken in den letzten fünf Jahren.