Ihr Arbeitnehmer möchte in Urlaub gehen. Wir geben Ihnen wichtige Hinweise, wie viel Urlaub dem Arbeitnehmer zusteht, wann und unter welchen Bedingungen er ihn nehmen kann, sowie Antwort auf weitere häufige Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen können.
Jeder Arbeitnehmer hat einen gesetzlichen Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht für eine bestimmte Zeit (Erholungsurlaub). Die Vergütungspflicht des Arbeitgebers (Urlaubsentgelt) bleibt während der Dauer des Urlaubs bestehen.
Bei einer Sechstagewoche stehen dem Arbeitnehmer gesetzlich 24 Tage Urlaub im Jahr zu. Bei einer Fünftagewoche (Normalfall) sind es 20 Urlaubstage im Jahr (§ 3 BUrlG).
Achtung: In vielen Branchen sind über das gesetzliche Minimum mehr Urlaubstage üblich. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können einzel- oder tarifvertraglich einen höheren Urlaubsanspruch vereinbaren, wobei der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu berücksichtigen sind. Bei der Gestaltung des Arbeitsvertrages sind Sie daher entsprechend frei, solange die gesetzlichen und tarifvertraglichen Mindesturlaubsvorgaben gewahrt sind.
Der Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten nach Vertragsbeginn (§ 4 BUrlG). Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Scheidet der Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartezeit aus, hat er einen Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (§ 5 Abs. 1 b BUrlG).
Nein. Solche Fehlzeiten des Arbeitnehmers haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Urlaubsdauer!
Nein. Eine Abgeltung des Urlaubs kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
Nein. Das Bundesurlaubsgesetz sieht dies nicht vor. Nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist eine Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Alter i.d.R. auch nicht mehr zulässig. Etwas anderes kann sich ggf. nur bei schwerer körperlicher Arbeit in höherem Alter ergeben. Altverträge mit Staffelung müssen nach Aufforderung angepasst werden. Hierbei ist die Zahl der Urlaubstage auf die höchste Staffelstufe zu korrigieren, um eine Ungleichbehandlung Jüngerer zu vermeiden.
Der Urlaubsanspruch von Teilzeitkräften wird alleine nach der Anzahl der regelmäßigen Arbeitstage berechnet, nicht nach der Höhe der Teilzeit oder den Arbeitsstunden. Folgende Fälle sind zu unterscheiden:
Grundsatz: Der Arbeitnehmer kann frei wählen, wann er seinen Urlaub nimmt. Der Arbeitgeber muss den Urlaub entsprechend dem Urlaubsverlangen/Urlaubsantrag des Arbeitnehmers festsetzen.
Grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm der Urlaubsantritt beispielsweise infolge Krankheit nicht möglich ist. In diesem Fall ist der Urlaub gemeinsam neu festzulegen. Krankheitszeit während des Urlaubs ist nicht als Urlaubszeit zu werten. Zu beachten: Die Nichtanrechnung greift nur bei nachgewiesener Erkrankung ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit (Attestpflicht, § 9 BUrlG). Seit dem 17.09.2022 regelt der neugefasste § 59 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG), dass auch eine behördlich angeordnete Quarantänezeit während des Urlaubs nicht auf den Urlaub angerechnet wird.
Die Selbstbeurlaubung stellt eine schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar, die - je nach Einzelfall z.B. nach einer Abmahnung im Wiederholungsfall - zur Kündigung berechtigen kann. Auf jeden Fall ist der Arbeitnehmer zur Ableistung seiner Arbeitspflicht aufzufordern.
Wegen eines unerwarteten Auftrags und großer Arbeitsmenge kommt ein Rückruf des Arbeitnehmers aus dem Urlaub nicht in Betracht. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, ausreichend Personal vorzuhalten. Nur in ganz dringenden Ausnahmefällen, d.h. bei zwingender, betrieblicher Notwendigkeit (unvorhersehbarer Notfall, Existenzbedrohung), kann sich im Einzelfall etwas anderes ergeben.
In solchen Fällen können Sie nach sozialen Gesichtspunkten (Dauer der Betriebszugehörigkeit, berufstätiger Ehepartner, schulpflichtige Kinder, vergangene Jahre) entscheiden. Die Entscheidung muss allerdings nachvollziehbar und darf nicht willkürlich sein und sollte dokumentiert sowie ggf. mit den Mitarbeitern besprochen werden.
Voraussetzung für eine Urlaubsübertragung bis zum 31. März des Folgejahres ist zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes, dass noch ein Resturlaubsanspruch besteht, der Rest im laufenden Jahr nicht mehr gewährt und genommen werden kann und es dafür dringende betriebliche oder persönliche Gründe gibt (so § 7 Abs. 3 BUrlG). Wird der Urlaub in diesem Übertragungszeitraum bis zum 31. März nicht genommen, verfällt er – so zunächst § 7 Abs. 3 BUrlG. Nach aktueller Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 19.02.2019, 9 AZR 541/15) – nach unionsrechtlicher Auslegung dieser Vorschriften – verfällt Urlaub allerdings nur dann, wenn
Diese Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers gelten für den gesetzlichen Mindesturlaub. Sie gelten nach der Rechtsprechung auch für tarif- oder arbeitsvertraglichen Mehrurlaub, wenn die Parteien keine abweichende Regelung treffen. Für einen solchen abweichenden Regelungswillen verlangt das BAG jedoch deutliche Anhaltspunkte (BAG, Urteile vom 25.06.2019, Az. 9 AZR 546/17 und 25.08.2020, Az. 9 AZR 214/19). Die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bestehen ebenfalls beim gesetzlichen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen (§ 208 SGB IX). Sie entstehen aber nur, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung, Antragstellung oder Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft Kenntnis erlangt hat oder die Schwerbehinderung offenkundig ist (BAG, Urteil vom 26.04.2022, Az. 9 AZR 367/21).
In der Regel verjähren Urlaubsansprüche drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Kenntnis bestand (§§ 195, 198 BGB). Der EuGH urteilte am 22. September 2022 (Az. C-120/21), dass der Urlaub weder verfällt noch verjährt, wenn der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht erfüllt. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis beruft, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben.
Diese Vorgaben des EuGH wurden vom BAG in seiner Grundsatzentscheidung vom 20. Dezember 2022 (Az. 9 AZR 266/20) umgesetzt. Danach verjähren Urlaubsansprüche von Beschäftigten nur, wenn der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten rechtzeitig nachgekommen ist. Laut BAG gilt dies auch für die Jahre vor 2019, als das BAG erstmals entschieden hatte, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter aktiv über deren ausstehenden Urlaub und dessen möglichen Verfall informieren müssen.
Das Ansammeln von Urlaub findet nach bisheriger Rechtsprechung nicht unbegrenzt statt, sondern der Urlaubsanspruch verfällt 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres, also zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres (BAG, Urteil vom 7.8.2012, Az. 9 AZR 353/10). Dies ergab sich nach Auffassung des Gerichts aus der europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift zur Übertragung von Urlaub. Vorausgegangen war eine Entscheidung des EuGH Ende 2011, nach der eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung zulässig ist, die den Verfall von Urlaubsansprüchen 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres vorsieht.
Ob die 15-Monate-Verfallfrist auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, ist mittlerweile durch die Rechtsprechung geklärt:
Der EuGH hat am 22. September 2022 festgestellt, dass der Urlaub ohne entsprechende Aufforderung und Hinweis des Arbeitgebers nicht verfällt, wenn der Mitarbeiter im Bezugszeitraum (das heißt im entsprechenden Kalenderjahr) jedenfalls teilweise tatsächlich gearbeitet hat, bevor er arbeitsunfähig oder voll erwerbsgemindert wurde (EuGH, Urteile vom 22.09.2022, Az. C-518/20 und C-727/20).
Das BAG hat daraufhin am 20. Dezember 2022 entschieden, dass der Urlaubsanspruch weiterhin mit Ablauf der 15-Monats-Frist verfällt, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist, weil diese nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs hätten beitragen können. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr gearbeitet hat, bevor er voll erwerbsgemindert oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden ist. Dann verfällt der Urlaubsanspruch nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit durch entsprechende Aufforderung und Hinweis in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen (BAG, Urteil vom 20.12.2022, 9 AZR 245/19).
Nach Genesung und Rückkehr des Arbeitnehmers an den Arbeitsplatz gelten für den angesammelten Urlaub keine Besonderheiten mehr. Vertraglicher Mehrurlaub kann auch zukünftig wie bislang den Verfallsregelungen unterzogen werden. Es muss aber aus dem Arbeitsvertrag deutlich werden, dass gesetzlicher Mindesturlaub und vertraglicher Mehrurlaub unterschiedlich behandelt werden. Im Arbeitsvertrag sollte daher klargestellt werden, dass vereinbarter Mehrurlaub in jedem Fall verfällt, auch wenn der Arbeitnehmer diesen krankheitsbedingt nicht in Anspruch nehmen konnte.
Ist der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers wegen Nichterfüllung der Wartezeit im laufenden Kalenderjahr nicht gewährt worden (s. o.), kommt eine Übertragung auf das erste Quartal des Folgejahres unter den vorgenannten Voraussetzungen in Betracht. Außerdem ist auf Verlangen des Arbeitnehmers der wegen Nichterfüllung der Wartezeit nicht gewährte Teilurlaub auf das gesamte nächste Kalenderjahr zu übertragen (§ 7 Abs. 3 S. 4 BUrlG). Der Arbeitnehmer muss das Übertragungsverlangen vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Teilurlaubsanspruch entstanden ist, erklären.
Aus Tarifvertrag können sich abweichende Übertragungsregelungen ergeben. Im Einzelarbeitsvertrag oder durch Betriebsvereinbarung können für den Arbeitnehmer günstigere Übertragungsregelungen vereinbart werden (§ 13 Abs. 1 BUrlG).
Für Mutterschutz und Elternzeit gelten Sonderregelungen (§ 24 Satz 2 MuSchG, § 17 Abs. 2 BEEG)
Es ist zwischen Urlaubsgeld und Urlaubsentgelt zu unterscheiden. Urlaubsgeld ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers; etwas anderes kann sich nur aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, dem Arbeitsvertrag oder einer betrieblichen Übung (dreimal ohne Vorbehalt gezahlt) ergeben. Ein Anspruch besteht daher grundsätzlich nicht – gleichwohl zahlen viele Unternehmen ein freiwilliges Urlaubsgeld.
Das Urlaubsentgelt hingegen „ersetzt“ während des Urlaubs die reguläre Gehaltszahlung und muss verpflichtend geleistet werden (§ 11 BUrlG). Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, welchen der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Das Gesetz ordnet zwar an, dass das Urlaubsentgelt VOR Urlaubsantritt zu zahlen ist. Die Rechtsprechung wendet diese Norm jedoch nicht an. Es spricht daher nichts dagegen, dass Urlaubsentgelt mit der nächsten regulären Lohnabrechnung auszuzahlen.
Neben dem Anspruch auf Erholungsurlaub gibt es weitere Ansprüche auf Arbeitsbefreiung, die teilweise im Gesetz, darüber hinaus – vor allem bei persönlichen oder familiären Anlässen – vielfach tariflich oder betrieblich geregelt sind.
Wenn der Arbeitnehmer ohne sein Verschulden für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist, bleibt der Lohnanspruch erhalten (§ 616 BGB), z.B. bei
Von diesem Grundsatz kann durch einen Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag auch zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden.
Stand: Januar 2023
Assessorin jur.
Referentin Recht und Steuern
Würzburg
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Würzburg
Assessor jur.
Bereichsleiter Recht und Steuern
Würzburg
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