Jedes Jahr entsteht der Wirtschaft ein beträchtlicher Schaden durch den sog. Adressbuchschwindel. Allein die zivil- und strafrechtliche Verfolgung vermag es jedoch nicht, den betrügerischen Machenschaften dieser Firmen ein Ende zu bereiten, da es sich häufig um Unternehmen mit Briefkastenadressen oder aber mit Sitz im Ausland handelt. Stattdessen ist Aufklärung der Unternehmer erforderlich, damit sie gar nicht erst Opfer dieser unseriösen Firmen werden. Das vorliegende Merkblatt gibt einen Überblick über die Methoden der sog. „Adressbuchschwindler“ sowie Hinweise, wie Betroffene reagieren können.
Was ist Adressbuchschwindel?
Insbesondere für Existenzgründer ist es anfangs nicht immer leicht, angesichts der täglichen Briefflut den Überblick zu behalten. Diese Tatsache machen sich leider auch unseriöse Adressbuchverlage zunutze. Kurz nach der Eintragung der Firma ins Handelsregister und der entsprechenden Veröffentlichung übersenden sie Jungunternehmern ein rechnungsähnliches Formular. Dieses suggeriert, dass weitere (kostenpflichtige!) Eintragungen in vermeintlich offizielle Register, Datenbanken oder auch gedruckte Adressverzeichnisse notwendig seien. Die Kosten liegen dabei meist im Bereich von 300 bis 900 Euro.
Betroffen sind aber auch langjährige Unternehmer, die zu einem Eintrag in ein Branchen- oder Telefonbuch, Online-Verzeichnis, branchenspezifisches Verzeichnis, Sterbejahrbuch, Register für Marken- und Patente, Handelsregister u.ä. veranlasst werden sollen. Gewerbetreibende nehmen sich nicht immer die Zeit, die Angebote genau zu prüfen. Vielmehr lassen sie sich durch die äußere Aufmachung täuschen, und aus Angst, wichtige Fristen oder Zahlungen zu übersehen, wird dann der geforderte Betrag oftmals beglichen. Das Kleingedruckte bleibt zumeist unbeachtet. Dabei wäre hier das eigentlich Wichtige zu lesen: Es liegt gar kein Auftrag vor, sondern es handelt sich vielmehr um ein unverbindliches Angebot oder die angeblich schon bestehende Geschäftsverbindung kommt erst durch Zahlung/Überweisung des angegebenen Betrages zustande.
Hinzu kommt oft noch ein weiterer Verschleierungsaspekt: Das Formularschreiben enthält mehrere Eintragungsoptionen zum Ankreuzen, wobei der „Grundeintrag" als kostenlos bezeichnet wird. Erst aus dem Kleingedruckten, welches in aller Regel beim Ankreuzen und der Unterschriftsleistung übersehen wird, ist ersichtlich, dass bereits dieser Grundeintrag mit enormen Kosten verbunden ist, dass die Laufzeit des Vertrages 2 Jahre beträgt und der Vertrag sich jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn nicht fristgerecht gekündigt wird.
Viele derartige Angebote sind auch nach Auffassung der Verbraucherschützer das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung für solche Einträge. Davon zu unterscheiden sind die erforderlichen Kosten für die Eintragung ins Handelsregister.
Neben den Formularen besteht die andere Variante dieser unseriösen Firmen darin, angebliche Korrekturabzüge oder Folgeaufträge - zum Teil mit einer eingearbeiteten, früher tatsächlich einmal geschalteten Anzeige - zu übersenden, mit der Aufforderung, ggf. Korrekturen der Daten zu vermerken, den Abzug zu unterschreiben und ihn dann möglichst rasch an den Absender zurückzusenden. Die Adressaten gehen dabei meist davon aus, dass es bei Unterzeichnung dieser Schreiben lediglich zur Bestätigung der bereits voreingedruckten Daten komme; ob überhaupt eine Geschäftsbeziehung vorliegt, wird nicht mehr überprüft. Aus dem Kleingedruckten geht dann aber hervor, dass mit der Unterschrift ein gänzlich neuer Vertrag geschlossen wird.
Zum Teil erscheinen auch Vertreter unangemeldet oder unter Berufung auf ein Gespräch mit einem Mitarbeiter, das in Wirklichkeit überhaupt nicht stattfand. Der Gewerbetreibende wird unter Druck gesetzt und unterschreibt schließlich oft nur, weil er das Gespräch beenden will. Auch wurde schon behauptet, die Unterschrift des Inhabers auf einem Formular werde lediglich als Nachweis für den Besuch benötigt, tatsächlich wurde aber in der Eile ungewollt eine Auftragserteilung unterschrieben.
Rechtliche Einordnung
Die geschilderten Vorgehensweisen verstoßen gegen das Verbot des Vortäuschens einer Handlungsverpflichtung (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG), das Verbot der Irreführung durch Werbung (§§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG) und das Verbot der Verschleierung des Werbecharakters von Wettbewerbshandlungen (§§ 3, 4 Nr. 3 UWG). Die nach § 35 GewO erforderliche Zuverlässigkeit solcher unseriös handelnder Unternehmen ist nicht gegeben (Möglichkeit der Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens). Schließlich liegt häufig zugleich ein (versuchter) Betrug im Sinne von § 263 StGB vor.
Woran erkennt man ein unseriöses Angebot?
Seriöse Angebote sind deutlich auch als „Angebote“ zu erkennen und beinhalten in der Regel folgende Angaben: Genauer Titel des Verzeichnisses, exakte Benennung der Ausgabe, Zeitpunkt des Erscheinens, Auflagenhöhe, Verbreitung, Anschrift des Verlages.
Zudem werden seriöse Anbieter in der Regel auf Anfrage Referenzlisten, Vorabdrucke oder Vorjahresverzeichnisse zur Einsicht versenden. Fordern Sie diese im Zweifel an. Auf diese Weise können Sie überprüfen, um was für eine Art von Verzeichnis es sich überhaupt handelt und ob ein Eintrag Ihrer Firma in diesem Verzeichnis sinnvoll ist.
Überprüfen Sie möglichst immer, ob tatsächlich eine Geschäftsverbindung zu dem fraglichen Absender des Schreibens besteht. Im Zweifel ist der Absender zum Nachweis der Auftragserteilung aufzufordern. Ein seriöser Anbieter wird diesen umgehend erbringen können.
Besondere Vorsicht ist ebenfalls angebracht, wenn der Name des Adressbuchverlages nicht deutlich hervortritt und der Sitz des Unternehmens sowie die Versandadresse nicht übereinstimmen oder die Firma im Ausland sitzt (oft nur Briefkastenfirmen!).
Vorsicht vor überteuerten Angeboten!
Seriöse Verlage finanzieren sich überwiegend aus Werbeeinnahmen. Der Formulareintrag ist bei vielen Firmenhandbüchern in der Regel kostenfrei. Eintragungskosten von mehreren hundert Euro sind insbesondere dann verdächtig, wenn sie in keinem vernünftigen Verhältnis zu den angebotenen Werbeleistungen stehen.
Lesen Sie daher immer genau das Kleingedruckte und die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs), denn dort verbergen unseriöse Anbieter häufig einen höheren Preis als auf den ersten Blick aus dem Schreiben hervorgeht.
In den AGBs oder im Kleingedruckten wird oft auch der Ausschluss einer Widerrufsmöglichkeit oder aber eine mehrjährige Laufzeit des Vertrages versteckt.
Insbesondere folgende Kriterien bieten Anlass zur genauen Überprüfung:
- Angaben wie „Grundeintrag kostenlos“, „Korrekturabzug“, „Eintragungsantrag“, „Ihr Eintrag“, „Offerte“;
- Offizielle Aufmachung durch Bezugnahme auf Handelsregistereintragung, Patent- oder Markenanmeldung oder Verwendung von entsprechenden (amtlichen) Symbolen, Zeichen oder Logos (z.B. Bundesadler, Europaflagge, gelbe oder rosa Einfärbungen);
- Schreiben enthält einen Ausschnitt aus der Handelsregisterveröffentlichung, der z.B. aus dem Bundesanzeiger stammt und in das Schreiben eingefügt wurde;
- Verwendung eines Rechnungs-, Register-, Geschäftszeichens oder einer Kundennummer;
- kostenpflichtiger Formulareintrag in ein Adressbuch, eine Datenbank, ein Verzeichnis;
- Ausgestaltung als Gebührenbescheid;
- Rechnungscharakter des Schreibens durch entsprechende Bezeichnungen (oft auch für einen angeblich bereits getätigten Auftrag) oder durch Auflistung eines aufaddierten Zahlbetrages;
- meist wird hier der bereits ausgefüllte Überweisungsträger gleich mit beigefügt;
Daher: Prüfen Sie in der Tagesroutine genau den eingehenden Schriftverkehr!
Weisen Sie Ihre Mitarbeiter auf die notwendige Vorsicht hin, denn erfahrungsgemäß liegen die geforderten Rechnungsbeträge oft unter der Grenze, ab der eine zweite Unterschrift notwendig ist. Informationen zu bekannt gewordenen unseriösen Anbietern können bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer und dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW), Landgrafenstraße 24 B, 61348 Bad Homburg v. d. Höhe, www.dsw-schutzverband.de erfragt werden.
Was ist zu tun, wenn ein Auftrag erteilt und/oder bezahlt wurde?
Anfechtung
Der getäuschte Kunde sollte in jedem Fall einen ungewollt erteilten Auftrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, z. B. nach folgendem Muster einer Anfechtungserklärung:
"Sehr geehrte Damen und Herren, unter dem Eindruck einer Zahlungsverpflichtung habe ich den Betrag von ... EUR an Sie gezahlt. Mit dieser Zahlung ist kein Vertragsschluss rechtswirksam zustande gekommen. Mit Ihrem Formularschreiben vom ... haben Sie in wettbewerbswidriger Weise den Eindruck vermittelt, es handele sich um eine Rechnung mit Zahlungsverpflichtung und nicht lediglich um ein Angebot. Der Angebotscharakter war nicht ohne weiteres erkennbar.
Hiermit fechte ich meine Erklärung vom ... wegen arglistiger Täuschung an. Ich fordere Sie daher auf, die von mir geleistete Zahlung in Höhe von ... EUR bis zum ...2004 auf mein Konto ... (Geldinstitut, BLZ, Konto Nr.) zurückzuerstatten.
Vorsorglich erkläre ich ferner die Kündigung des Vertrages zum Ende der Vertragslaufzeit.
Rechtliche Schritte gegen Sie behalte ich mir ausdrücklich vor."
Die Anfechtungserklärung sollte im Original an den jeweiligen Vertragspartner gesandt werden. Eine Kopie sowie ein Nachweis für die Zusendung, etwa das Faxprotokoll oder die Einschreiben/Rückscheinkarte sind unbedingt aufzubewahren, um die Anfechtung im Streitfall nachweisen zu können.
Information der Bank
Damit die Offertenschwindler möglichst keinen Unrechtsgewinn einstreichen können, sollten Sie darüber hinaus das mit der Gutschrift beauftragte Geldinstitut (zu ermitteln über den Aufdruck auf dem Überweisungsträger, ggf. über die Bankleitzahl unter https://www.bankleitzahlen.de) umgehend darüber informieren, dass auf das betreffende Konto Zahlungen aufgrund vermutlich unseriöser Angebote eingehen. Schildern Sie den zugrunde liegenden Sachverhalt und regen Sie an, die eingehenden Beträge an den Empfänger zurückzuerstatten. Im weitergehend automatisierten Zahlungsverkehr sind die Geldinstitute für solche Hinweise durchaus dankbar – und bei offenkundig wettbewerbswidrigem Handeln auch befugt, das Konto zu kündigen. Liegt die Zahlung nur wenige Tage zurück, besteht die Möglichkeit, bei der eigenen Hausbank den entsprechenden Auftrag zur Zahlung zu stornieren.
Weitere Schritte
Leiten Sie das Schreiben im Original weiter an den Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW, siehe Seite 4). Der DSW prüft die Seriosität des fraglichen Anbieters und die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Schreibens. Im Falle der Unzulässigkeit leitet er entsprechende Schritte (wettbewerbsrechtliche Abmahnung, ggf. gerichtliches Unterlassungsklageverfahren, Strafanzeige, Gewerbeuntersagungsverfahren) gegen den jeweiligen Anbieter ein. Sie können das Schreiben aber auch bei der IHK einreichen, die sich dann mit dem DSW in Verbindung setzt. Ferner können Sie auch die nächste Polizeidienststelle oder zuständige Staatsanwaltschaft informieren, denn in der Regel handelt es sich zumindest um einen versuchten Betrug gemäß § 263 StGB, der strafrechtlich verfolgt werden kann.
Im Zweifel sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.