Die Gemeinden sind berechtigt, zur Finanzierung ihrer Aufgaben Gewerbesteuer zu erheben. Sie legen hierfür den so genannten Gewerbesteuerhebesatz fest. Der Gewerbesteuer unterliegt jeder in Deutschland tätige Gewerbebetrieb. Als Bemessungsgrundlage wird der festgestellte Gewerbeertrag herangezogen.
Die IHK-Organisation bemängelte die Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände schon beim Gesetzgebungsverfahren zur Unternehmenssteuerreform 2008 – leider erfolglos. Bis heute fordert die IHK Organisation die Reduzierung der Hinzurechnungstatbestände.
Einmal jährlich erhebt die IHK Würzburg-Schweinfurt die Realsteuerhebesätze und -einnahmen in Mainfranken.
Die Gewerbeordnung definiert den Begriff des Gewerbebetriebs nicht. Eine nähere Beschreibung findet sich im Einkommensteuergesetz (EStG). Danach ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit (Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung) anzusehen ist. Freiberufler unterliegen daher nicht der Gewerbesteuer. Kapitalgesellschaften wie die Aktiengesellschaft (AG) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind bereits Kraft ihrer Rechtsform Gewerbebetriebe.
Die Gewerbesteuerpflicht beginnt bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften im Zeitpunkt der Aufnahme der maßgeblichen Tätigkeit, bei Kapitalgesellschaften regelmäßig mit der Eintragung in das Handelsregister. Sie endet bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs, bei Kapitalgesellschaften erst mit dem Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt (in der Regel mit dem Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird).
Ausgangspunkt für die Besteuerung ist der Gewinn, der der Einkommensteuer oder Körperschaftssteuer zugrunde gelegt wird. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages sind dem Gewinn bestimmte Beträge wieder hinzuzurechnen, die bei der Gewinnermittlung abgezogen wurden. Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen ist um bestimmte Beträge zu kürzen (§ 9 GewStG), z. B. Anteile am Gewinn einer offenen Handelsgesellschaft.
In § 8 GewStG sind mehrere Fälle geregelt, bei welchen eine Hinzurechnung zum Gewinn aus Gewerbebetrieb erforderlich ist. So sind z.B. 25 Prozent von Lizenzgebühren oder Schuldzinsen anzusetzen, wenn diese betragsmäßig in der Summe 100.000 Euro übersteigen. Ähnliches gilt für Miet- und Pachtzinsen und etliche weitere Positionen.
Die Hinzurechnungen erfolgen unabhängig davon, ob diese auch beim Empfänger der Entgelte der Gewerbesteuer unterliegen. Damit wird es regelmäßig zu gewerbesteuerlichen Doppelbelastungen kommen. Zudem kann es bei mehrstufigen hinzurechnungsrelevanten Fremdfinanzierungen im Sinne des Gewerbesteuergesetzes, z. B. Untervermietung einer Immobilie, zu einer Mehrfachbelastung mit Gewerbesteuer (Kumulationseffekt) kommen. Dies kann bei verbundenen Unternehmen durch Bildung einer Organschaft vermieden werden.
Skonti, Boni und Rabatte im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit werden nicht bei der Hinzurechnung berücksichtigt, da hier der Finanzierungseffekt in den Hintergrund tritt. Die Herausnahme unterbleibt aber, soweit die Erlösschmälerung ihre Grundlage in einer nicht geschäftstypischen Vereinbarung hat. Dies ist beispielsweise bei einer Skontovereinbarung mit unüblich langem Zahlungsziel der Fall (vgl. auch BT-Drucksache 16/5491, S. 23). Als Entgelt für Schulden gelten auch Diskontbeträge, die bei der Veräußerung von Wechsel und anderen Geldforderungen anfallen.
Nicht als dauernde Last und damit nicht hinzurechnungspflichtig sind Pensionszahlungen aufgrund einer unmittelbar vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage. Damit soll die Altersvorsorge nicht belastet werden.
Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, also insbesondere sogenannte Vertriebslizenzen, sind von der Hinzurechnung weiterhin ausgenommen. Ebenfalls ausgenommen sind Aufwendungen, die nach § 25 Künstlersozialversicherungsgesetz Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind.
Die Sonderregelung für Kreditinstitute bleibt erhalten (§ 19 GewStDV). Von der Summe der so ermittelten Zinsen und fiktiven Zinsanteile wird in einem zweiten Schritt ein Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro in Abzuggebracht.
100 % bei Zinsen, Renten, dauernde Lasten, Gewinnanteile stiller Gesellschafter
50 % bei Mieten, Pachten, Leasingraten von unbeweglichen Wirtschaftsgütern
25 % bei Lizenzen
20 % bei Mieten, Pachten, Leasingraten von beweglichen Wirtschaftsgütern
__________________________________________________________________________
= Summe Zinsanteile
./. Freibetrag 100.000 €
__________________________________________________________________________
= Summe Zinsanteile nach Freibetrag
x 25 % allgemeiner Hinzurechnungssatz
__________________________________________________________________________
= Summe der Hinzurechnungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb
Ein Gewerbeverlustliegt vor, wenn der Gewerbeertrag (Gewinn + Hinzurechnungen - Kürzungen) einen negativen Betrag ergibt. Der aktuelle Gewerbeertrag ist um die Gewerbeverluste der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Allerdings ist dies grundsätzlich nur bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. Euro möglich, darüber hinaus können nur 60 Prozent der Verluste verrechnet werden.
Nach den Regelungen der Unternehmenssteuerreform 2008 entfällt die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe sowohl für Personenunternehmen als auch für Kapitalgesellschaften. Um die dadurch entstandene Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer auszugleichen, wurde für alle Gewerbebetriebe die Gewerbesteuermesszahl von 5 Prozent auf 3,5 Prozent verringert.
Berechnungsformel: Gewerbesteuer = Gewerbeertrag x 3,5 % x Hebesatz
Der bisher für Einzelunternehmen und Personengesellschaften angewendete Staffeltarif entfällt. Der bisherige Grundfreibetrag von 24.500 Euro bleibt weiterhin erhalten. Die Steuerschuld berechnet sich nach der Feststellung des Gewerbeertrages also wie folgt: Zunächst ist der Gewerbeertrag auf volle 100 Euro nach unten abzurunden. Der abgerundete Gewerbeertrag ist darauf bei natürlichen Personensowie bei Personengesellschaften (zum Beispiel OHG, KG) um den Grundfreibetrag von 24.500 Euro, bei bestimmten sonstigen juristischen Personen, zum Beispiel bei rechtsfähigen Vereinen, um den Grundfreibetrag von 5.000 Euro, höchstens jedoch in Höhe des abgerundeten Gewerbeertrags, zu kürzen.
Für Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, KGaA) gibt es keinen Grundfreibetrag.
Durch Multiplikation des Gewerbeertrags mit der Steuermesszahl ergibt sich der Steuermessbetrag. Auf den Steuermessbetrag ist der Hebesatz der jeweiligen Gemeinde anzuwenden. Anhand einer Beispielsrechnung soll die Ermittlung der zu zahlenden Gewerbesteuer bei einem Personenunternehmen und einer Kapitalgesellschaft verdeutlicht werden:
Beispiel 1: Einzelunternehmen mit 90.000 Euro Gewerbeertrag in Würzburg. Gewerbeertrag 90.000 Euro abzüglich Freibetrag 24.500 Euro korrigierter Gewerbeertrag 65.500 Euro 65.500 Euro x 3,5 % 2.292,50 Euro Steuermessbetrag (gerundet) 2.292 Euro Gewerbesteuerhebesatz in Würzburg 420% 2.292 Euro x 420 % = 9.626,40 Euro Gewerbesteuer Bei Einzel-/ Personenunternehmen wird das 3,8-fache des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags auf die zu zahlende Einkommensteuerschuld angerechnet! Anrechnung = 2.292 x 3,8 = 8.710 Euro (sofern genügend Einkommensteuer vorhanden ist) tatsächliche Belastung: 11.230 ./. 8710 = 916,40 Euro
Beispiel 2: Kapitalgesellschaft in Schweinfurt mit 90.000 Euro Gewerbeertrag 90.000 Euro x 3,5 % = 3.150 Euro (Gewerbesteuermessbetrag) 3.150 Euro x 370 % (Hebesatz Schweinfurt) = 11.655 Euro Gewerbesteuer tatsächliche Belastung: 11.655 Euro |
Gewinn aus Gewerbebetrieb
+ Hinzurechnungen
- Kürzungen
= maßgebender Gewerbeertrag
- Gewerbeverluste
= Gewerbeertrag (abgerundet auf volle 100 Euro)
- Freibetrag von 24.500 Euro für Personenunternehmen bzw.
5.000 Euro für bestimmte juristische Personen, z. B. Vereine
= verbleibender Betrag
x Steuermesszahl 3,5 v. H.
= Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag
x Hebesatz der Gemeinde
= Gewerbesteuerschuld
Die Einkommensteuer bei Einzelunternehmen und Gesellschaftern von Personengesellschaften ermäßigt sich durch eine pauschale Anrechnung der Gewerbesteuer. Sie beläuft sich auf das Vierfache des Gewerbesteuermessbetrages. Mit dem Anrechnungsfaktor bei Einzel- und Personenunternehmern soll im Kern erreicht werden, dass die gewerblichen Einkünfte gegenüber den anderen Einkunftsarten ohne Gewerbesteuerbelastung eine vergleichbare Belastung erfahren.
Zu zahlender Einkommensteuerbetrag nach Gewerbesteueranrechnung = tarifliche Einkommensteuer ./. 4,0 x Gewerbesteuermessbetrag
Somit kann die Gewerbesteuer im Regelfall bis zu einem Hebesatz von 400 Prozent vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet werden, sofern genügend Einkommensteuer vorhanden ist: Die Anrechnung ist dabei auf den Betrag der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer beschränkt. Unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags ist sogar bis zu einem Hebesatz von 400 Prozent eine vollständige Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer im Regelfall gewährleistet, da der Anrechnungsbetrag die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags (5,5 Prozent der zu zahlenden Einkommensteuer) im Gegensatz zur Kirchensteuer mindert.
Gewerbesteuer-Hebesatz | 300 %
| 380 %
| 400 % | 490 %
|
Gewerbeertrag | 100,00 | 100,00 | 100,00 | 100,00 |
Gewerbesteuer | 10,50 | 13,30 | 14,00 | 17,15 |
Anrechnungsbetrag | 10,50 | 13,30 | 13,30 | 13,30 |
letztendliche Gewerbesteuerbelastung |
0,00 |
0,00 |
0,70 |
3,85 |
Die Steuerermäßigung durch die Anrechnung ist auf die tarifliche Einkommensteuer beschränkt (Ermäßigungshöchstbetrag), die anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfällt (§ 35 Abs. 1 EStG, vgl. BMF-Schreiben vom 24.02.2009). Darüber hinausgehende Anrechnungsbeträge gehen daher definitiv verloren.
Zu beachten ist zudem, dass die vollständige Anrechnung auf die Einkommensteuer selbst bei einem Hebesatz unter 400 Prozent bei unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen für die Einkommen- und Gewerbesteuer schnell in Gefahr geraten kann. Fällt beispielsweise bei der Gewerbesteuer durch Hinzurechnungen die Bemessungsgrundlage deutlich höher aus, so kann mangels Einkommensteuer die (vollständige) Anrechnung nicht erfolgreich durchgeführt werden. Dies kann besonders bei ertragsschwachen Unternehmen mit hohem Fremdfinanzierungsanteil der Fall sein. Eine derartige Gefahr hat durch die Ausweitung der Hinzurechnungstatbestände zugenommen.
Alle gewerbesteuerpflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag im Erhebungszeitraum den Grundfreibetrag von 24.500 Euro überstiegen hat, müssen eine Gewerbesteuererklärung gegenüber ihrem zuständigen Finanzamt abgeben, des weiteren Kapitalgesellschaften sowie Vereine, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten und deren Gewerbeertrag im Erhebungszeitraum 3.900 Euro überstiegen hat.
Die Verpflichtung zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung zieht die Verpflichtung zu Vorauszahlungen nach sich. Die Vorauszahlungen, die vierteljährlich zum 15. Februar, 15. Mai, 15.August und 15. November zu leisten sind, werden normalerweise durch den letzten Gewerbesteuerbescheid festgesetzt.
Für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, die Festsetzung des Steuermessbetrages und den Erlass des Messbescheides ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich der Gewerbebetrieb befindet. Unterhält ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebsstätten, die in zwei oder mehr Gemeinden liegen, muss der Gewerbesteuermessbetrag nach einem besonderen Maßstab zerlegt werden. Die Gewerbesteuer wird in einem zweiten Schritt von der jeweiligen Gemeinde durch Gewerbesteuerbescheid festgesetzt. Basis hierfür sind der Steuermessbetrag sowie der individuelle Hebesatz der Gemeinde. Die Gewerbesteuer wird an die Gemeinde entrichtet.
Assessorin jur.
Referentin Recht und Steuern
Würzburg
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